Vor der Libanon-Reise von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulidis hat dieser erklärt, dass ein Abkommen zwischen der EU und Libanon in Planung ist. Es soll insbesondere die Zahl syrischer Flüchtlinge, die in die EU kommen, verringern. Aus Sicht von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe lässt sich dies nur durch eine Aufstockung der humanitären Hilfe und einen menschenrechtsbasierten Umgang mit Flüchtlingen im Libanon erreichen.
Der Libanon steckt seit Jahren in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, rund drei Viertel der Einwohner leben mittlerweile unterhalb der Armutsgrenze. „Neben den vielen Flüchtlingen im Land ist auch die einheimische Bevölkerung in immer größerer Not. Doch die Mittel für humanitäre Hilfe gehen seit Jahren zurück. Das schürt Spannungen zwischen Einheimischen und den Geflüchteten“, sagt Ahmad Safi, Programmverantwortlicher der Diakonie Katastrophenhilfe in der Region. Partner des humanitären Hilfswerks setzen sich im Libanon für eine bessere Gesundheitsversorgung ein. Neben palästinensischen Flüchtlingen beherbergt der Libanon hunderttausende Syrerinnen und Syrer, die vor dem Krieg in der Heimat geflohen sind. „Die Menschen brauchen mehr humanitäre Hilfe. Das wäre auch ein Signal der Hoffnung für die junge Generation, die nach 13 Jahren nichts anderes als Krieg und Elend kennt.“
In Syrien selbst bleibt die Lage vielerorts verheerend. „Der Bedarf an Unterstützung ist nach 13 Jahren Krieg enorm hoch – die Menschen haben zu wenig Nahrungsmittel und menschenwürdige Unterkünfte. Der Frust sitzt tief, weil sich am Status Quo nichts ändert“, sagt Safi. Eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge ist zudem mit hohen Gefahren verbunden, da der Konflikt nicht beigelegt ist. Trotzdem sollen laut dem libanesischen Menschenrechtszentrum ACHR seit Anfang 2023 mehr als 1.000 syrische Flüchtlinge im Libanon unrechtmäßig festgenommen worden sein. 763 wurden demnach gegen ihren Willen nach Syrien abgeschoben. Viele syrische Flüchtlinge sehen keinen anderen Ausweg als eine Flucht nach Europa. Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in Zypern ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen, weshalb die EU zusammen mit Zypern ein Abkommen mit dem Libanon plant, das auch finanzielle Hilfen für die libanesischen Sicherheitskräfte vorsehen soll.
Andreas Grünewald, Migrationsexperte bei Brot für die Welt: „Wir befürworten jede zusätzliche Unterstützung für im Libanon lebende Geflüchtete und die aufnehmenden Gemeinden. Das ist ein Gebot der Stunde, um die Not der Menschen zu lindern und soziale Spannungen abzubauen.“ Die Stoßrichtung der neuen Initiative von Zypern und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen gehe aber in die falsche Richtung, wenn sie auf eine militarisierte Migrationspolitik setze. „Wenn das primäre Ziel die Abwehr von Geflüchteten ist, wird das Abkommen die explosive Lage im Libanon weiter verschärfen. Es erhöht zudem die Gefahr, dass Geflüchtete völkerrechtswidrig nach Syrien abgeschoben werden“, kritisiert Grünewald. „Die EU sollte vor allem die humanitäre Hilfe ausbauen und sichere Wege für Geflüchtete Richtung Europa – etwa durch entsprechende Aufnahme-Programme – ermöglichen.“
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