Russland hat am Samstag eine seit Juli geltende Vereinbarung zum Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer ausgesetzt. Als Grund wurden jüngste Drohnenangriffe auf Marineschiffe der russischen Schwarzmeerflotte genannt. „Die militärischen Auseinandersetzungen dürfen nicht zur Folge haben, dass hungernde Menschen weltweit durch steigende Nahrungsmittelpreise dafür bestraft werden“, warnt Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt.
„Viele Länder, die derzeit schwere Krisen durchleben und in denen immer mehr Menschen hungern, sind auf Getreideimporte und Hilfslieferungen angewiesen. Diese Abhängigkeit darf nicht zum Spielball für militärische oder politische Interessen werden“, so Pruin. Ein durch die Vereinten Nationen und die Türkei ausgehandeltes Exportabkommen für ukrainisches Getreide hatte Mitte des Jahres geholfen, die rasant gestiegenen Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel zu senken und die Märkte zu beruhigen. Nun droht ein erneuter Preisanstieg. „Die derzeitige Welternährungskrise ist vor allem eine Preiskrise. Diese Entwicklung trifft auf leere Kassen bei den Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen, die sich in Ländern mit drohenden Hungersnöten dafür einsetzen, Menschen zu retten. Höhere Preise führen letztlich dazu, dass weniger Menschen erreicht werden“, so Pruin.
Um dem Hunger effektiv zu begegnen, müssten weltweite Getreidebestände gerechter verteilt und besser genutzt werden, sagt Francisco Marí, Experte für Welternährung und Agrarhandel bei Brot für die Welt. „Wir haben kein Vorratsproblem, sondern ein Verteilungsproblem“, so Marí, der kritisiert, dass in den vergangenen acht Kriegsmonaten kein Krisenmechanismus entwickelt wurde, um auf erneut steigende Weltmarktpreise für Nahrungsmittel angemessen zu reagieren. „Eine unserer Forderung ist, dass die Nutzung von Getreide als Treibstoff oder Futtermittel für die Fleischproduktion reduziert und es stattdessen gelagert wird. Dies würde den Weizenpreis dämpfen, Spekulationen vorbeugen und die Folgen von Seeblockaden gegenüber armen Ländern mindern. Das ist bis heute nicht eingetreten.“
„Der enormen Importabhängigkeit vieler Länder muss mit Sofortprogrammen begegnet werden, welche die lokale Nahrungsmittelproduktion ankurbeln“, so Marí weiter. Nur so könne die einseitige Abhängigkeit von Weizen, Mais oder Reis nachhaltig reduziert werden. Vor allem auf Länder im Norden Afrikas sowie im Nahen Osten wirken sich steigende Weizenpreise katastrophal auf die Versorgung der Menschen aus. Weltweit ist für 828 Millionen Menschen die Ernährung nicht gesichert.
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