Noch vor ein paar Jahren hat Melkie Getachew im Kirchenwald von Taragedam Feuerholz geschlagen – aus Armut, wie viele Menschen hier in der Gegend.
© Christof Krackhardt / Brot für die Welt
Die Wälder rings um Kirchen und Klöster zählen zu den letzten Äthiopiens und sind stark bedroht. Aus Armut und Unwissenheit schlagen viele Menschen hier Feuerholz. Doch die Kirche wehrt sich und hilft Menschen wie Wäldern.
Sie sind etwa fingerkuppengroß, grau-grün, rund und hart: die Früchte des Baums Croton macrostachyus. Er wächst im tropischen Afrika, sofern er nicht abgeholzt wird, und nützt dem Wald ebenso wie den Menschen. Um die Früchte zu pflücken, klettert Melkie Getachew im Kirchenwald von Taragedam bis in die breiten, runden Kronen der Bäume, rund 15 Meter hoch über dem Waldboden. Der 32-Jährige erntet die Samen für Baumschulen.
Er arbeitet für die Entwicklungsorganisation der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche (EOC-DICAC). Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Kirchenwälder Äthiopiens zu schützen und aufzuforsten. Sie sind nicht nur der letzte Zufluchtsort für Hunderte bedrohter Pflanzen- und Tierarten, sondern auch wichtige Wasserspeicher und günstige Apotheken.
Die verschiedenen Pflanzenteile des Croton-Baums zum Beispiel helfen gegen Husten, Hautkrankheiten und Parasiten wie Bandwürmer. Die Blätter dienen als Tierfutter und verbessern die Bodenfruchtbarkeit. Außerdem gehört er zur natürlichen Waldgesellschaft der Region und kann mit den anderen Arten der Kirchenwälder als Ausgangspunkt für die Wiederaufforstung des Landes dienen. Doch dazu müssen die Kirchenwälder erhalten bleiben.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Äthiopien zu 40 Prozent mit Wald bedeckt, heute sind es nicht einmal mehr fünf Prozent. Vielerorts wurden Wälder gerodet, um Platz für den Anbau von Lebensmitteln für die stark wachsende Bevölkerung zu schaffen. Rings um Kirchen und Klöster der Äthiopisch-Orthodoxen-Kirche blieben kleine bewaldete Inseln stehen. Doch sie sind bedroht durch Holzdiebe.
Noch vor ein paar Jahren hat Melkie Getachew im Kirchenwald von Taragedam selbst Feuerholz geschlagen – aus Armut, wie viele Menschen hier in der Gegend. Als die Mönche ihn dabei ertappten, musste er für einige Tage in Arrest. Doch die strengen Regeln sind nicht der einzige Schutz für den Wald, die Kirche bietet auch Workshops an, um Menschen wie Melkie Getachew zu zeigen, wie wichtig der Wald für das Leben aller ist. So wurde er zum Saatgutsammler für die Baumschulen des Aufforstungsprojekts und hat dadurch ein zusätzliches Einkommen. Außerdem lernte er in den Workshops nachhaltige Anbaumethoden für seine kleine Landwirtschaft und wie man Schafe hält.
Seitdem geht es Melkie Getachew, seiner Frau Ageritu und den vier Kindern viel besser. „Früher haben wir oft nur einmal am Tag gegessen“, berichtet Melkie. „Heute können wir unseren Kindern drei Mahlzeiten bieten.“ Während das Abendessen auf dem Feuer kocht, treibt sein ältester Sohn die vier Schafe in den Stall. Für das kommende Jahr hat Melkie neue Pläne. Er zeigt auf einen kleinen Hang hinter dem Haus. „Hier möchte ich in der nächsten Regenzeit einen Gemüsegarten anlegen.“
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