Marlene Culemba mit Freundinnen bei einer Diskussionsrunde von Mwana Pwo
Angola

Selbstbestimmt statt zu früh schwanger

Im Osten Angolas wird jedes zweite Mädchen schwanger, bevor es 18 ist – und verliert damit die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Ein Projekt leistet Aufklärung und zeigt Alternativen auf.

Kaputt von der Arbeit in der Diamantenmine

Leise dringt das sanfte Donnergrollen in das Dröhnen der Lastwagen, die pausenlos an dem betongrauen Haus vorbeirasen. Marlene Culemba blickt von ihrem Buch auf. Nächste Woche hat die 18-Jährige eine wichtige Prüfung an der Krankenpflegeschule. In jeder freien Minute lernt sie, meist sitzt sie dabei auf der kleinen Fläche hinter ihrem Elternhaus. Dort ist ihr Rückzugsort, neben den Ziegelsteinen, die ihr Vater vor Jahren gekauft hat, um ihr ein eigenes Zimmer zu bauen. Die Steine liegen noch immer dort, weil sein Rücken kaputt ist von der jahrelangen Arbeit in der Mine.

Ungewollt schwanger

Marlene Culemba stammt aus Saurimo, einer Kleinstadt im Nordosten von Angola. In nächster Nähe liegen einige der größten Diamantenminen der Erde. Gutes Geld verdienen dort aber nur wenige Studierte aus der Hauptstadt Luanda und deren Geschäftspartner aus dem Ausland. Der Kontrast zwischen dem Reichtum der Zugereisten und der Armut der Bewohnerinnen und Bewohner in der Region schafft Begehrlichkeiten und gefährdet vor allem die Mädchen. Viele lassen sich auf Männer ein, die ihnen ein besseres Leben versprechen, werden ungewollt schwanger, gehen von der Schule ab, sind fortan abhängig vom Geld Anderer.

Projektfilm: Selbstbestimmt statt zu früh schwanger

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Frühe Ehen, fehlende Perspektiven

Marlene Culembas Mutter war 15, als sie zum ersten Mal schwanger wurde und ihren 13 Jahre älteren Mann heiratete. Mittlerweile haben die beiden zwölf Kinder, die älteste Tochter, Judite, ist 31. Sie bekam mit 17 das erste Kind, heute sind es vier. Judites Schwester Virginia, die Zweitälteste, wurde mit 16 schwanger. Inzwischen hat sie drei Kinder. Einen Schulabschluss haben beide Schwestern nicht. Marlene ist die drittälteste Tochter der Familie, und als sie zwölf war, sah es so aus, als würde sie der Familientradition folgen. Ihre Noten waren schlecht, in die Schule ging sie bloß noch, um Freunde zu treffen. Jeden Tag zog sie durch die Straßen, bis es dunkel wurde.

Starke Frauen kennen ihre Rechte

Als Marlene 16 war, stand eines Tages ein fliederfarbener Container auf dem Hof ihrer Schule. Darin drängten sich zehn Mädchen um eine hochgewachsene Frau in einem eleganten Zweiteiler und mit dick geflochtenen Zöpfen. Die sagte, sie arbeite für die Organisation „Mwana Pwo“, was auf Chokwe, der Regionalsprache, „starke Frau“ bedeutet. Mit sanfter Stimme sprach sie über Dinge, die Marlene Culemba seit Jahren durch den Kopf spukten: über sexuellen Missbrauch, ungewollte Schwangerschaften, frühe Ehen und die Folgen. Jener Nachmittag sei ein Wendepunkt in ihrem Leben gewesen, erzählt Marlene Culemba. Nach dem Treffen folgte sie der Frau in die Stadt. Zum ersten Mal sprach sie über ihre eigenen Missbrauchserfahrungen. Die Frau versprach, ihr zu helfen. Am folgenden Tag brachte sie Marlene erst ins Krankenhaus, dann zu einem Psychologen. Und sie meldete sie bei einem Workshop von Mwana Pwo an, einer Partnerorganisation von Brot für die Welt. Das Thema: Frauenrechte.

Selbstbestimmt in die Zukunft

Heute, zwei Jahre später, hat Marlene Culemba auch alle anderen Fortbildungen absolviert, die die Organisation anbietet: zu Familienplanung, Sexualkunde, Menstruationshygiene und sexuell übertragbaren Krankheiten. Sie hat den Englisch- und Informatikunterricht besucht und nimmt fast jede Woche an den Gesprächsrunden teil, die Mwana Pwo in dem fliederfarbenen Container auf dem Schulhof veranstaltet. Der Austausch mit anderen, deren Offenheit und Solidarität haben ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Inzwischen leitet sie die Treffen sogar manchmal selbst. Mwana Pwo finanziert ihr zudem gerade einen Fortbildungskurs zur Konditorin, den sie parallel zu ihrer Ausbildung als Krankenschwester absolviert. Mit dem Verkauf von Gebäck will die junge Frau im nächsten Jahr ihr Studium finanzieren. Sie möchte Ärztin werden und ein Waisenhaus gründen. Marlene Culemba ist selbst eine starke Frau geworden.

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Marlene Culemba spricht im Radioprogramm von Mwana Pwo Fatima, 6 Jahre, Tochter von Marlene Culembas Schwester Judite

Hinweis: Die Spendenbeispiele sind symbolisch. Durch Ihre zweckungebundene Spende ermöglichen Sie uns dort zu helfen, wo es am dringendsten ist.

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