Familie Velázquez lebt auf einer kargen Anhöhe im Süden Boliviens, knapp 3.000 Meter über dem Meeresspiegel und 800 Meter oberhalb der nächsten Wasserstelle.
© Anne Ackermann
Heiße Sommer lassen Quellen und Flüsse versiegen, dann wieder zerstört Starkregen die gesamte Ernte: Die Folgen des Klimawandels sind auch im Süden Boliviens spürbar. Ein innovatives Projekt sorgt dafür, dass die Menschen das ganze Jahr über Wasser haben.
Der Regen strömt so heftig, dass es aussieht, als hätte jemand einen Vorhang vor der Tür zugezogen. David Velázquez, 28 Jahre alt, kann vom Türrahmen seines Lehmhauses aus den Mais nicht erkennen, der nur ein paar Meter weiter steht, verkümmert und braun. Seit Beginn der Regenzeit ist viel zu viel Wasser vom Himmel gefallen, viel mehr als üblich, so viel, dass die Pflanzen ertrunken sind.
Dabei leidet die Familie Velázquez eigentlich unter Wassermangel. Ihre Äcker liegen auf einer kargen Anhöhe im Süden Boliviens, knapp 3.000 Meter über dem Meeresspiegel und 800 Meter oberhalb der nächsten Wasserstelle, einem Bach. Alle paar Tage schleppt eines der vier Geschwister zehn Liter Trinkwasser aus dem nächstgelegenen Dorf nach oben. Und in der Trockenzeit müssen jeden Tag zwei von ihnen Wasser zum Kochen, Waschen und Duschen vom Bach holen. Sie laufen eine Stunde hinunter und zwei Stunden wieder hinauf. Früher hat ihnen der Esel dabei geholfen, doch der ist vor drei Jahren weggelaufen. Seitdem tragen sie das Wasser selbst den Berg hoch.
„Der Klimawandel erschwert das Leben der Bauern enorm“, sagt Juan Carlos Fernández, 42, Projektverantwortlicher bei ACLO, einer christlichen Partnerorganisation von Brot für die Welt. „Meist regnet es zu wenig, dann wieder viel zu viel.“ Er und seine vier Kollegen setzen sich seit 15 Jahren dafür ein, dass die Kleinbauernfamilien in der Region genug Wasser für die Landwirtschaft haben. Sie vermitteln Wissen, beraten und unterstützen besonders benachteiligte Familien auch finanziell, wenn sie zum Beispiel eine Zisterne bauen wollen.
So wie David Velázquez. Damit seine Familie endlich das ganze Jahr über Wasser hat und auch in der Trockenzeit Obst und Gemüse anbauen kann, baut der Zweitjüngste der Geschwister gerade einen Speicher. Er wird 40.000 Liter fassen. Speisen soll ihn nicht nur der Regen, der gerade sintflutartig vom Himmel fällt, sondern auch der Wasserdampf der Wolken, die der Wind jeden Tag über die Anhöhe treibt. Gemeinsam mit den Fachleuten von ACLO hat David Velázquez einen Nebelfänger gebaut, ein zwischen zwei Stangen gespanntes Plastiktuch, das aus Wolken und Nebel Kondenswasser gewinnt. In eineinhalb Stunden kommen so 50 Liter Wasser zusammen, auch in der Trockenzeit.
David Velázquez erfuhr dank seiner Nachbarn von ACLO. Die Familie kann heute das ganze Jahr über von der Landwirtschaft leben, mit Hilfe der Fachleute der Organisation haben sie ein Gewächshaus gebaut und ein Bewässerungssystem errichtet, das jede Pflanze einzeln mit Wasser versorgt. David Velázquez lernte, aus Asche und Essensresten und mit Hilfe von Würmern Biodünger herzustellen. Vom Ertrag der nächsten Ernte möchte er einen Wasserfilter kaufen, seine Mutter und die Geschwister sollen kein Trinkwasser mehr zum Haus schleppen müssen.
Der Regenvorhang lichtet sich, nach einer weiteren halben Stunde hört es auf zu regnen. „Vamos“ – Auf geht’s! – ruft David Velázquez dem Mitarbeiter von ACLO zu, der ihn beim Bau des Speichers unterstützt. Schweigend stapfen sie über schlammige Erde bis zu dem kreisrunden Betonsockel ein paar Meter oberhalb des Hauses. Am frühen Morgen haben sie mit der Wand des Speichers begonnen, dann hat der Regen sie unterbrochen. Sie kehren das Wasser vom Betonboden und fahren fort, befestigen ein Drahtgeflecht an Bambusstäben. Noch vor dem Mittagessen steht die Basis für die Wand des Speichers, die sie nun mit einer Betonmischung verstärken. Velázquez lächelt. „Wir werden heute noch fertig, oder?“, fragt er. Der Fachmann nickt. Endlich wird das Leben der Familie leichter.
Hinweis: Die Spendenbeispiele sind symbolisch. Durch Ihre zweckungebundene Spende ermöglichen Sie uns dort zu helfen, wo es am dringendsten ist.
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