Beim Frühsport macht Karim genauso eifrig mit wie in der Schule. Er weiß, welch großes Glück die Befreiung aus dem Restaurant für ihn war.
© Karin Desmarowitz
Trotz Fortschritten im Kampf gegen die Kinderarbeit schuften immer noch Millionen Jungen und Mädchen in sklavenähnlichen Verhältnissen. Ein Projekt in Indien befreit diese Kinder und gibt ihnen die Chance auf ein besseres Leben.
Beim Frühsport steht Karim kerzengerade vor den anderen Jungs und macht die Übungen vor. Im Unterricht sitzt er in der ersten Reihe. Sobald der Lehrer eine Frage gestellt hat, reißt er seinen Arm in die Höhe. Karim ist schlauer als die meisten seiner Klassenkameraden, hat viel Spaß am Lernen, und in der Pause fegt er freiwillig den Hof. Aber niemand hier käme auf die Idee, ihn Streber zu nennen. Das Wort kennen die ehemaligen Kinderarbeiter gar nicht, sie alle wollen diese einmalige Chance auf ein besseres Leben nutzen.
Karim ist das jüngste Kind im indischen Mukti Ashram, einer Zufluchtsstätte für befreite Kindersklaven in Delhi, betrieben von der Bewegung zur Rettung der Kindheit (Bachpan Bachao Andolan, BBA). Karims Eltern hatten den Zehnjährigen in eine der Garküchen der Großstadt gesteckt. Dort musste er Teller spülen, putzen, wischen und den Müll wegschaffen – 17 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Erst nach Mitternacht konnte sich der Junge erschöpft in ein dünnes Tuch einrollen und auf dem Fußboden des Lokals bis zum Morgengrauen schlafen. Das alles beobachteten Aktivisten der Bewegung, und sie informierten die Polizei.
Bei einer Großrazzia stürmten 40 Polizeibeamte und 20 Aktivisten der Kinderschutz-Organisation die Garküche und drei weitere Betriebe in Delhi. Sie befreiten Karim und 42 andere Jungen aus illegalen Arbeitsverhältnissen. Sie nahmen die Betreiber fest und ließen die Kinder und Jugendlichen vom Jugendamt registrieren. Dann kamen die Jungen in den Mukti Ashram, der von Brot für die Welt unterstützt wird, und durften sich erstmal ausruhen. Inzwischen nehmen sie teil am strukturierten Tagesablauf mit Gemeinschaftsdiensten, Unterricht, Freizeit und Kulturprogramm.
Noch immer müssen viele Millionen indische Kinder arbeiten: in der Landwirtschaft, in Restaurants, Hotels, Fabriken und Privathaushalten. Manchmal werden sie von Menschenhändlern verschleppt und zum Arbeiten gezwungen. Oft sind es aber die eigenen Eltern, die ihre Kinder aus Not und Verzweiflung arbeiten lassen. Dabei ist die Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren auch in Indien verboten, und 17 Stunden Arbeit am Tag an sieben Tagen pro Woche verstoßen gegen alle Kinder- und Arbeitsschutzgesetze der Welt.
Karim steht nun eine Entschädigung seines Arbeitgebers und eine staatliche Unterstützung von rund 1.400 Euro zu. Damit kann er die Schule abschließen und anschließend eine Ausbildung machen. Wenn er nach Hause zurückkehrt, werden die Kinderschützer und das Jugendamt ihn weiter im Blick behalten. Das Geld steht allein ihm zu, nur er kann über sein Konto verfügen. Karim will auf jeden Fall die Schule beenden. Im Mukti Ashram hat er gelernt, dass auch Kinder aus den ärmsten Regionen Indiens eine Chance haben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Das will er jetzt tun.
Hinweis: Die Spendenbeispiele sind symbolisch. Durch Ihre zweckungebundene Spende ermöglichen Sie uns dort zu helfen, wo es am dringendsten ist.
56 € (Spendenbeispiel) Mit 56 € kann zum Beispiel ein Hygiene-Paket für eine geflüchtete Familie finanziert werden.
100 € (Spendenbeispiel) Mit 100 € kann zum Beispiel Gemüse-Saatgut für die Bewirtschaftung von ca. 10 Feldern bereitgestellt werden.
148 € (Spendenbeispiel) Mit 148 € kann zum Beispiel ein Regenwassertank mit 2.000 Liter Fassungsvermögen gekauft werden.
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