Kleinbäuerin Mary Lagat lebt mit ihrem Mann Edwin und ihren Enkeln Betty und Nicolas im Dorf Chepsangor in der Region Nandi. Viele Menschen hier sind arm.
© Jörg Böthling/Brot für die Welt
Steile Berghänge, unfruchtbare Böden, unregelmäßige Niederschläge – im Westen Kenias reichen die Erträge der Kleinbauernfamilien oft nicht aus, um das ganze Jahr satt zu werden. Eine Partnerorganisation von Brot für die Welt unterstützt die Menschen dabei, Hunger und Armut hinter sich zu lassen.
Tief beugt sich Mary Lagat hinunter in ihr Beet. Ihr Kopf, um den sie ein hellgrünes Tuch geschlungen hat, verschwindet zwischen den riesigen Kürbisblättern. Mit geübten Fingern pflückt sie ein Blatt nach dem anderen, dann geht sie hinüber zum nächsten Beet. Bis der Sack, den sie mitgebracht hat, voll ist mit Kürbisblättern, Grünkohl und anderem Blattgemüse. „Wir haben alles, was wir brauchen“, sagt die 67-Jährige zufrieden. „Wir“, das sind sie und ihr Mann Edwin, 74, den alle „Agui“ nennen. Das bedeutet „Großvater“ auf Nandi, der Sprache der gleichnamigen Bevölkerungsgruppe dieser Region.
Bis vor wenigen Jahren waren die Felder der Lagats und die ihrer Nachbarn noch steinig und hart. Monokulturen, Brandrodung und der Einsatz chemischer Dünger hatten sie ausgelaugt. Dazu verschärfte der Klimawandel die Situation: Immer heftigere Dürren und extremere Niederschläge sorgten dafür, dass die Erträge immer bescheidener ausfielen. Oft war die jährliche Maisernte schon nach vier oder fünf Monaten aufgebraucht. Mary Lagats Augenbrauen ziehen sich zusammen, wenn sie daran zurückdenkt: „Ich sah in den Augen meiner Kinder, dass es ihnen nicht gut ging. Selbst, wenn sie sich mal satt essen durften“, erzählt sie. „Denn dann wussten sie: Am nächsten Tag wird es nichts geben.“ Acht Kinder haben die Eheleute Lagat großgezogen. Die haben längst ihre eigenen Familien. Obwohl sie selbst gerade so über die Runden kommen, unterstützten sie ihre Eltern bis vor wenigen Jahren. Mal mit Geld, mal mit etwas zu essen. „Das war furchtbar“, sagt Mary Lagat. „Ich fühlte mich wie eine Bettlerin.“
Das änderte sich, als Ende 2018 Shadrak Tarus und Edna Maritim zum ersten Mal in ihr Dorf Chepsangor kamen. Die beiden arbeiten als Landwirtschaftsberaterin und -berater für ADS North Rift, eine Entwicklungsorganisation der Anglikanischen Kirche Kenias. Lebhaft erinnert sich Edwin Lagat noch daran, wie er den Versammlungsraum des Dorfes betrat. „Ich habe geglaubt: Bestimmt gibt es etwas geschenkt. Saatgut vielleicht, oder einen Sack Mais.“ Edwin Lagat lacht, als er daran zurückdenkt. Geschenke haben er und die anderen nicht erhalten. Dafür etwas viel Wichtigeres: Beratung, Austausch und Schulungen, in denen sie lernten, sich selbst aus ihrer Not zu befreien.
Rund 30 Familien nehmen in Chepsangor an dem von Brot für die Welt finanzierten Projekt teil. Zu Beginn analysierten sie unter Anleitung der Mitarbeitenden von ADS North Rift ihre eigene wirtschaftliche Situation. Dabei beantworteten sie Fragen wie: „Was fehlt uns?“ (zum Beispiel frisches Obst und Gemüse) und: „Was haben wir bereits?“ (etwa Zugang zu einem Fluss und einer Hauptstraße). Im nächsten Schritt entwickelten sie Lösungen und lernten, diese umzusetzen. Heute wissen sie, wie man entlang eines steilen Hangs Gräben zieht und Steinmäuerchen aufschichtet, um das Land zu Terrassen zu formen. Oder wie man einen ausgelaugten Boden mit Nährstoffen versorgt.
Mit dem wachsenden Wissen der Menschen verbessert sich auch ihre Ernährungssituation. Auf den ehemals kahlen Hängen wachsen nun üppige Pflanzen: Hirse, Kürbisse und Bohnen, Melonen, Karotten und Tomaten. „Wir haben jetzt immer genug zu essen“, sagt Enkelin Betty, 14, die mit ihrem Bruder Nicolas bei den Großeltern wohnt. Mary Lagat ergänzt: „Früher hatten wir nie Besuch. Wie auch? Wir konnten ja niemandem etwas anbieten.“ Kommt heute eine Nachbarin an ihrem Grundstück vorbei, winkt sie sie einfach herein.
Hinweis: Die Spendenbeispiele sind symbolisch. Durch Ihre zweckungebundene Spende ermöglichen Sie uns dort zu helfen, wo es am dringendsten ist.
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