Leidi Gomez ist 13 Jahre alt und lebt in der inoffiziellen Siedlung Cerro Poty, am Fuße der Müllkippe von Asunción.
© Kathrin Harms
Sechs von zehn Kindern in Paraguay verlassen vorzeitig die Schule. Sie müssen ihren Eltern beim Geldverdienen helfen. Die Organisation Callescuela bringt Jungen und Mädchen in den Armenvierteln der Hauptstadt Asunción in die Schule. Das Motto dabei: Nur wer lernt, kann sich selbst aus der Armut befreien.
Die Sonne steht schon tief, als Leidi sich auf den Weg zur Arbeit macht. Die 13-Jährige schnappt sich einen zusammengeschweißten Handkarren, Leini, ihre ältere Schwester, schlendert langsam hinterher. Die dicken Gummireifen knirschen im Staub, der Metallrahmen scheppert, Schweißperlen bilden sich auf Leidis Stirn, das sperrige Gefährt will nicht um die Kurve, Leidi zerrt, Leini schiebt – und endlich schaffen sie es.
Die Reichenviertel liegen am grünen Hügel Lambaré, nur wenige Minuten von ihrer Hütte entfernt. Prächtige Einfamilienhäuser verstecken sich hinter hohen Mauern. Auf den Bürgersteigen stapelt sich der Hausmüll, die beiden Schwestern öffnen Sack für Sack. Leidi fischt ein paar Glasflaschen heraus und wirft sie in den Karren. Seit sie laufen kann, hilft sie ihrer Familie bei der Arbeit. Für ein Kilogramm Altglas zahlt der Zwischenhändler 200 Guaraní, drei Cent.
Leidis Familie gehört zur Volksgruppe der Ava Guaraní. Ihre Eltern ließen sich vor 20 Jahren mit anderen indigenen Familien am Fuße der städtischen Müllhalde Cateura nieder. Ihre Siedlung nannten sie Cerro Poty – „blühender Hügel“. Die Stadt duldete die illegale Siedlung und versorgte sie mit Strom und Wasser. Doch seitdem ist nicht mehr viel passiert. Die Familien leben immer noch von der Hand in den Mund, die Kinder brechen die Schule ab, die Mädchen werden früh schwanger, manche sind gerade einmal zehn Jahre alt.
Diesen Teufelskreis wollen Claudio Rolón und die Organisation Callescuela durchbrechen. Der Sozialarbeiter besucht Cerro Poty regelmäßig, um die indigenen Familien über ihre Rechte aufzuklären. „Eure Häuser stehen nicht im Grundbuch“, sagt er. Leidi nickt. Am Wochenende hat sie zum ersten Mal einen Workshop von Callescuela besucht. Die Kinderrechtsorganisation hat vor einem Jahr mit Unterstützung von Brot für die Welt ein Pilotprojekt gestartet, das sich speziell an indigene Mädchen und Jungen richtet. „Ohne Grundbucheintrag können wir jederzeit vertrieben werden“, sagt Leidi. „Wir können nichts planen. Manchmal habe ich das Gefühl, die Leute wollen uns einfach weghaben.“
Um ihnen Gehör bei den Mächtigen zu verschaffen, hat Callescuela unlängst einen Gesprächsmarathon für Leidi und andere indigene Jugendliche organisiert. Die jungen Leute trafen den Bürgermeister von Asunción, die Ministerin für Kindheit und den Minister für Soziales. „Wir brauchen Perspektiven“, haben sie immer wieder gesagt. Doch nur darauf warten, dass die Verantwortlichen handeln, mag Leidi nicht. Sie hat sich vorgenommen, eine lokale Organisation für arbeitende Kinder und Jugendliche aufzubauen. „Ich möchte Sicherheit“, sagt sie – Sicherheit und eine Zukunft und ein Leben ohne Müllsammeln.
Hinweis: Die Spendenbeispiele sind symbolisch. Durch Ihre zweckungebundene Spende ermöglichen Sie uns dort zu helfen, wo es am dringendsten ist.
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