Swetlana Worobjowa bei der allabendlichen Medikamenten-Einnahme mit ihren HIV-positiven Kindern. Zwei Mal am Tag müssen sie das über sich ergehen lassen.
© Frank Schultze
Während sich weltweit immer weniger Menschen mit HIV anstecken, ist das Virus in Russland auf dem Vormarsch. Wer infiziert ist, wird ausgegrenzt und geächtet. Die Organisation Nowoje Wremja bietet betroffenen Frauen und Kindern bedingungslos Hilfe.
Swetlana Worobjowa hat HIV, und zwei ihrer drei Kinder auch. Sie geht davon aus, dass ihr damaliger Freund sie angesteckt hat. „Er hat es gewusst, aber niemandem etwas gesagt“, erzählt die 33-Jährige schüchtern. Das ist typisch in Russland, wo HIV totgeschwiegen wird und sich deshalb stark ausbreitet, mehr als eine Million Menschen sind infiziert, und jedes Jahr kommen zehn Prozent dazu. Besonders schlimm ist es in der Region Swerdlowsk am Ural. In der Provinzhauptstadt Jekaterinburg, der viertgrößten Stadt Russlands, ist bereits jeder 50. infiziert – und das sind nur die registrierten Fälle.
Swetlana Worobjowa wohnt auch in Jekaterinburg. Die Diagnose hat das Leben der Kindergärtnerin auf den Kopf gestellt. Die Krankheit zu vertuschen kam für sie aber nicht in Frage, im Gegenteil. Sie ging ungewöhnlich offen mit ihrer Ansteckung um, was die Verwandten nicht ertrugen: „Das haben doch nur Drogensüchtige und Obdachlose“, ätzten sie und brachen den Kontakt ab.
Nachdem ihre Familie sie fallen gelassen hatte, fand Swetlana Hilfe beim Zentrum für HIV-infizierte Frauen und Kinder von Nowoje Wremja (Neue Zeit), einer Partnerorganisation von Brot für die Welt. Dort erhält sie seitdem viel Unterstützung, vor allem medizinische und psychologische. „Hier habe ich gelernt, wieder nach vorne zu schauen“, sagt sie. Und das ist gar nicht so einfach in ihrer Situation.
Um mehr Zeit für ihre HIV-kranken Kinder zu haben, gab Swetlana ihre Arbeit auf und lebt heute von Sozialhilfe, doch das Geld reicht kaum aus. Sie wohnt in einer dunklen Zwei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss eines Plattenbaus, in der Küche löst sich die Tapete von der Wand, der Kühlschrank ist leer. Bei Hausbesuchen bringen die Mitarbeitenden von Nowoje Wremja immer wieder Lebensmittelpakete mit: Buchweizen, Fisch, Süßigkeiten und Saft. Oft essen Swetlana und ihre Kinder aber auch im Frauenzentrum, wo jeden Tag gekocht wird. Und im Sommer waren ihre Kinder zusammen mit anderen HIV-positiven Kindern auf einer Freizeit im nördlichen Ural. Swetlana schätzt diese breite Unterstützung sehr, denn sie weiß: „Ohne Nowoje Wremja müsste ich die ganze Last alleine tragen.“
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