Eine Region voller Gewalt gegen Frauen
Seit Jahren sind in vielen Ländern Zentralamerikas autoritäre Regime und Einstellungen wieder auf dem Vormarsch. Antidemokratische und antipluralistische Haltungen sind weit verbreitet, rechtsstaatliche Prinzipien werden abgeschafft. Die Region leidet unter extremer Gewalt, von der besonders Frauen und Frauenrechtsorganisationen betroffen sind.
Die politische Lage
- CIVICUS-Einstufung: beschränkt/unterdrückt
- El Salvador hat eine der weltweit höchsten Mordraten: Im Jahr 2018 wurden pro 100.000 Einwohner*innen 51 Menschen ermordet (in Deutschland waren es im selben Zeitraum 0,8).
- 93 Prozent der Opfer von Sexualverbrechen in El Salvador sind laut UN Frauen.
In fast allen zentralamerikanischen Ländern schrumpft aktuell die Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft. In Honduras beispielsweise, einem der ärmsten Länder der Welt, ist nach dem Putsch 2009 die Demokratisierung weitgehend zum Stillstand gekommen. Die Menschenrechtssituation hat sich gravierend verschlechtert, das Land weist eine der höchsten Mordraten weltweit auf. Auch in Nicaragua halten die politische Krise und damit die Bedrohung der Menschenrechte unter Präsident Daniel Ortega an. In Guatemala ist mit der Wahl des ultrakonservativen Alejandro Giammattei zum Präsidenten im August 2019 mit einer weiteren Verschlechterung der Menschenrechtslage zu rechnen. Oft gehen schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Folter, politische Morde oder Verschwindenlassen auf das Konto organisierter krimineller Vereinigungen. Diese agieren teils unter Mitwissen oder mit aktiver Unterstützung staatlicher Akteure.
Regionale Menschenrechtsinstitutionen wie die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte und der Interamerikanische Gerichtshof sind für Betroffene von zentraler Bedeutung. Allerdings leiden sie unter schwindendem Einfluss.
Kritische Kräfte im Visier
Der Aufstieg konservativer und autoritärer Kräfte in der Region stellt das Engagement von Nichtregierungsorganisationen vor immer größere Herausforderungen. Trotz nationaler Unterschiede ähneln sich dabei die Mittel, mit denen Regierungen versuchen, gegen die Zivilgesellschaft vorzugehen. In Nicaragua hob das Parlament Ende 2018 die Registrierung von neun regierungskritischen Nichtregierungsorganisationen auf, die Polizei durchsuchte ihre Büroräume. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen sowie Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, die öffentlich auf die verheerende Menschenrechtsbilanz der Regierung aufmerksam gemacht hatten, wurden unter fadenscheinigen Begründungen verhaftet. Nichtregierungsorganisationen wurden strengen Finanzkontrollen unterworfen. Wenn sie Geld aus dem Ausland erhalten, was für die meisten Organisationen überlebenswichtig ist, werden sie häufig des Terrorismus beschuldigt.
Frauenorganisationen sowie Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger sind von den schwindenden Handlungsspielräumen und der Zunahme von Repression und Einschüchterungsversuchen in Zentralamerika besonders betroffen. Sie werden zur Zielscheibe genderspezifischer physischer und psychischer Gewalt. Die Angriffe reichen von Belästigungen und Drohungen, die vielfach sexistisch sind, bis zu Vergewaltigungen und Mord.
Diffamierung von Aktivistinnen
Viele Frauenrechtsorganisationen, LGBTI-Aktivistinnen und -Aktivisten sowie ihnen nahestehende Organisationen müssen sich mit dem wachsenden Einfluss der evangelikalen Bewegung auseinandersetzen. Diese diffamiert Aktivistinnen und Aktivisten als „Gender-Ideologen“ und versucht, sie einzuschüchtern. Die von Konservativen und Evangelikalen geprägte Vorstellung einer „angemessenen Rolle“ der Frau in der Gesellschaft droht, die im sozialen und familiären Umfeld bislang bestehenden Schutz- und Unterstützungsstrukturen zu unterminieren. Viele Aktivistinnen sehen sich mit Unverständnis und Anfeindungen konfrontiert. Ihnen wird vorgeworfen, mit ihrem Aktivismus ihrer Rolle als Frau und Mutter nicht gerecht zu werden.
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