Was tun, wenn das Land knapp ist?
Weltweit wachsender Konsum, Energiehunger und damit wachsender Flächenverbrauch steigern den ökonomischen Wert von Land im globalen Maßstab und lassen es zur Handels- und Spekulationsware des 21. Jahrhunderts werden. Das Phänomen der Landvergabe an Investoren ohne Berücksichtigung menschenrechtlicher Standards und Verfahren ist als Landgrabbing bekannt. Doch ohne Zugang zu Land und Wasser ist ein Leben in Würde nicht möglich.
Hohe Dunkelziffer
Laut der internationalen Land-Matrix-Initiative sind mittlerweile offiziell mehr als 57 Millionen Hektar fruchtbare Ackerfläche weltweit an Investoren vergeben oder in Aussicht gestellt. Dies entspricht fast 60 Prozent des Ackerlandes in der Europäischen Union. Die Dunkelziffer der verdeckten Landdeals ist jedoch hoch, sodass sich vermutlich noch Millionen Hektar mehr in Investorenhand befinden.
Globaler Süden im Fokus der Investoren
Die Landdeals spielen sich zumeist in Ländern des Globalen Südens ab, vielfach dabei in fragilen und von gewaltsamen Konflikten betroffenen Ländern wie etwa Äthiopien, Mosambik, Sudan, Myanmar, der Ukraine, Kolumbien oder Venezuela. Die Investoren sind ganz unterschiedlich: Staaten auf der Suche nach Ackerfläche in anderen Ländern, europäische oder internationale Banken mit ihren Investmentfonds sowie multinationale Unternehmen, Agrarkonzerne und Handelsfirmen. Dazu zählen beispielsweise die deutsche Neumann-Gruppe mit ihrer Kaweri-Kaffeeplantage in Uganda und Brown’s Investment PLC aus Sri Lanka, die das gescheiterte Großprojekt von der Schweizer Addax&Oryx Gruppe (AOG) in Sierra Leone im Jahr 2018 übernahm. Staatliche Unternehmen aus China, Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten mischen ebenfalls kräftig mit.
Um die Existenz gebracht
Die Folgen dieser Landnahme sind oft starke soziale Umbrüche, die ein hohes Konfliktpotential bergen. Die auf diesem Land lebende Bevölkerung wird oft vertrieben und zu Migration und Flucht gezwungen. Eine solche Vertreibung sowie andere Formen von gewaltförmigen Konflikten könnten durch angemessene Konsultationen und Priorisierung lokaler Entwicklungs- und kleinbäuerlicher agrarökologischer Modelle vermieden werden.
Die Regierung versagt
Die beteiligten Regierungen versagen, wenn es um den Schutz der lokalen Bevölkerung geht. Neben dem Verlust der fruchtbaren Flächen werden auch tausende Menschen umgesiedelt oder vertrieben, weil in bestehende Nutzungs- und Eigentumsverhältnisse eingegriffen wird, um Land an Bergbau-Unternehmen oder für Infrastrukturprojekte zur Energieerzeugung zu vergeben. Auch die deutsche Rohstoff-, Energie-, Handels- und Wirtschaftspolitik hat so mit der Landnahme im globalen Süden zu tun und führt weltweit zu Vertreibung und Flucht.
Was Brot für die Welt tut
Brot für die Welt untersucht und dokumentiert gemeinsam mit seinen lokalen Partnerorganisationen Fälle von Landraub und dessen Auswirkungen. Auf der Grundlage dieser Beobachtungen formulieren wir Forderungen, die wir an Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft vor Ort und in Deutschland richten. Außerdem unterstützen wir die Vernetzung von Partnerorganisationen aus Asien, Lateinamerika, Osteuropa und Afrika, damit sie ihre Erfahrungen im Einsatz gegen unrechtmäßige Landaneignungen durch Investoren und gegen die Zunahme von Gewalt und Unterdrückung austauschen können. Vielfach werden lokale Initiativen, die sich gegen Großinvestitionen und damit verbundene Vertreibungen zur Wehr setzen, kriminalisiert und unter Druck gesetzt. Brot für die Welt unterstützt Landrechtsverteidigerinnen und Landrechtsverteidiger in ihrer Arbeit und setzt sich, häufig im Verbund mit anderen Partnerorganisationen, für ihren Schutz und den Erhalt, beziehungsweise die Schaffung zivilgesellschaftlicher Freiräume zur politischen Arbeit ein. Außerdem tritt Brot für die Welt für rechtlich verbindliche internationale Regelungen ein, die Landraub und Vertreibung verhindern und von Regierungen und Investoren menschenrechtliche Standards einfordern. Dazu gehören auch die Freiwilligen Leitlinien der Welternährungsorganisation FAO zu verantwortungsvollen Verwaltung von Land, Forst und Fischgründen (VGGT).
Was Brot für die Welt fordert
Negative Auswirkungen von Landinvestitionen auf den Zugang zu Land müssen in allen Politikbereichen vermieden und Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden.
- Regierungen und Unternehmen müssen bei Menschenrechtsverletzungen und etwaigen Folgeschäden von landbasierten Investitionsprojekten zur Verantwortung gezogen werden.
- Die deutsche Rohstoff-, Wirtschafts-, Klima-, Energie-, Handels und Agrarpolitik sind auf ihre negativen Effekte auf Land und Wasser und deren Verfügbarkeit für lokale Bevölkerungsgruppen hin zu überprüfen. Deutsche Politik darf nicht zu gewaltsamen Vertreibungen von Land und Zerstörung der Lebensgrundlage lokaler Gruppen beitragen.
- Unternehmen, die sich an Großprojekten beteiligen, in denen Menschen unfreiwillig oder gewaltsam von ihrem Land vertreiben werden, sind zur Rechenschaft zu ziehen.
- Öffentliche Fördergelder dürfen nicht in Großprojekte fließen, in denen in Land investiert wird.
Die Lebensperspektiven der ländlichen Bevölkerung müssen bei Landdeals berücksichtigt werden.
- Landpolitik muss im Sinne der zivilen Krisenprävention und Vermeidung von Gewalt, Vertreibung und Flucht systematisch in den Politikdialog sowie frühzeitig in internationale Friedensbemühungen aufgenommen werden. Das heißt, sich für eine gerechte Landpolitik einzusetzen, die vor allem Lebenschancen für in Armut lebende und marginalisierte Bevölkerungsgruppen unterstützt.
- Zivilgesellschaftliche Strukturen und deren Beteiligung an Landpolitik müssen gestärkt werden.
- Wenn Flüchtlinge in vermeintlich sichere Länder zurückkehren oder zurückgeführt werden, muss auf die Verfügbarkeit von Land und Zugang zu Ressourcen geachtet werden, um nicht erneut zu Konflikten beizutragen.
Im Zusammenhang einer friedenslogischen Flüchtlingspolitik müssen Landgrabbing verhindert und Konfliktursachen angegangen werden.
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