Am Rande eines Marktes in der togolesischen Hauptstadt Lome wird auf großen Werbetafeln für importierte Lebensmittel geworben.
Supermärkte vs. informelle Märkte

Wer gewinnt den Wettstreit um die Versorgung der Städte?

Noch findet man sie, die bunten Märkte mit einer großen Auswahl an Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch und anderen Produkten aus bäuerlicher Produktion. Sie versorgen viele Städte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Millionen von Kleinhändlern und Kleinhändlerinnen bieten die Erzeugnisse von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen an. Besonders in Asien werden aus den frischen Nahrungsmitteln in unzähligen Garküchen gesunde Mahlzeiten gekocht. So sichert die gesamte Kette der Nahrungsproduktion und Verteilung vielen Menschen Einkommen und erschwingliche Nahrungsmittel. Doch seit Jahren verändert sich diese Form der Versorgung mit Lebensmitteln in Großstädten wie auch in mittleren urbanen Zentren – Motor der Veränderung sind die Supermarktmultis und nationalen Supermarktketten.

„Supermärkte zu den Armen“

Gemeinsam mit den Stadtverwaltungen wollen die internationalen und nationalen Supermarktketten informelle Märkte abschaffen. Sie argumentieren damit, dass Supermärkte die Lebensmittelsicherheit verbessern, ein breites Angebot an Lebensmitteln und ihre ständige Verfügbarkeit garantieren können – und das zu möglichst günstigen Preisen. Dies würde auch der ärmsten städtischen Bevölkerung zum Vorteil gereichen. Doch das geht an der Realität vorbei.

Die internationalen Supermarktkonzerne haben bereits erhebliche Auslandsinvestitionen getätigt und konzentrierten sich mit Erfolg auf die Staaten, in denen die urbanen Mittelschichten und ihre Kaufkraft wachsen. Vor allem in Südostasien, Osteuropa, Süd- und Mittelamerika nahm der Anteil der Supermärkte an den Lebensmittelmärkten rapide zu. In Ländern, in denen der Anteil der Supermärkte am gesamten Lebensmittelmarkt unter fünf Prozent lag, wuchs dieser innerhalb von zehn Jahren rasant auf 30 bis 50 Prozent. In Chile, China, Indien oder in Südafrika entstanden nationale Supermarktketten,die der Eroberung durch ausländische Konzerne teilweise zuvorkamen, weil sie deren System erfolgreich kopierten. In einigen Ländern Südamerikas haben Supermärkte mittlerweile Marktanteile errungen, die sich mit denen in den Industrieländern vergleichen lassen, beispielsweise in Chile, Argentinien und Uruguay. Ähnliches gilt auch für asiatische Länder wie Thailand und Südkorea. Selbst in Süd- und Ostafrika schreitet die Expansion von Supermarktketten schnell voran, befindet sich aber noch in den Anfängen.

Die Supermärkte konzentrieren sich nicht nur auf die Hauptstädte mit den dortigen Einkommenseliten. Sie breiten sich nach und nach auch in mittleren Städten und in den städtischen Wohnbezirken der Armen aus. Ein klarer Trend zeichnet sich ab: „Supermärkte zu den Armen“.

Herkunft der Nahrungsmittel, die in der Stadt durchschnittlich verzehrt werden

Kein Platz mehr für informelle Märkte?

Die sogenannte Supermarktrevolution ist kein Ausdruck der Nachfrage von Verbrauchern und Verbraucherinnen. Sie wurde vielmehr gefördert und erzwungen, um die Profite der Nahrungsmultis auch mit den kargen Beiträgen der Ärmsten zu mehren. Stadtverwaltungen haben dabei eine unrühmliche Rolle gespielt. Trotz überall ausbrechender Proteste von Kleinhändlern, alleine in Indonesien sind es über 13 Millionen Menschen, gewähren sie den nationalen und internationalen Ketten Steuererleichterungen und Genehmigungen für neue Standorte. Damit sich die Investitionen der Supermarktketten lohnen, werden informelle Märkte entweder gewaltsam aus dem Stadtbild verdrängt oder mit massiven Restriktionen belangt.

Der Verlust von Millionen von Arbeitsplätzen in der Kette der Nahrungsmittelverteilung ist enorm und wird bei weitem nicht durch neue Arbeitsplätze aufgefangen. Verarbeitete Produkte werden oftmals importiert.

Die Verlierer sind städtische Arme und Kleinbauernfamilien

Nicht nur städtische Armut wird durch die Verdrängung des Kleinhandels in den Städten gefördert. Auch die Versorgung der ärmsten Bevölkerung mit erschwinglichen Nahrungsmitteln wird immer schwieriger. Größen und Mengen in den Supermärkten entsprechen nicht deren Kaufkraft. Die Supermärkte kaufen nur die besten Qualitäten einer Ernte auf. Was im Geschmack gut, aber in Größe und Aussehen abweicht und damit nicht den Standards der Supermärkte entspricht, konnte bislang billiger an ärmere Menschen abgegeben werden. Durch die Fokussierung auf Supermärkte und Verdrängung informeller Märkte fällt das weg.

Auch die Auswirkungen auf die kleinbäuerliche Produktion sind fatal. Denn Supermarktketten bevorzugen es, von wenigen kommerziellen großen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben ihre lokalen Waren zu beziehen. Kleinbauern und Kleinbäuerinnen können ihre Bedingungen und Standards wie Bewässerungsanlagen oder eigene Verpackungs- und Lagerräume meist nicht erfüllen. Dafür wären Investitionskosten vonnöten, die sich, wenn überhaupt, erst nach Jahren amortisieren würden. Auch bei der Belieferung von Fabriken, die aus landwirtschaftlich erzeugten Produkten Fertignahrung für die Supermärkte herstellen, können die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen nicht mithalten.

Was ist die Lösung?

Die Supermarktindustrie wird nicht müde festzustellen, dass Kleinbauernmärkte keine Zukunft haben. Ihr Angebot entspräche hingegen dem Konsumbedürfnis der neuen Mittelschichten, die sich aufgrund von Werbung für eine „moderne“ Ernährung entschieden hätten und aus Zeitmangel oft auch nicht anders könnten, als in Supermärkten einzukaufen.

Noch folgen städtische und nationale Regierungen dieser Theorie und weisen imme neue Standorte für Supermärkte aus. Doch es gibt auch einen gegenläufigen Trend, zum Beispiel in Indien, wo Kommunen Supermärkten Vorgaben machen, dass diese einen Anteil an Belieferung aus kleinbäuerlicher Produktionnachweisen müssen. Auch Kommunen wie in Daressalam und anderswo in Afrika modernisieren die lokalen Märkte und verbessern die hygienischen Bedingungen durch Strom- und Wasseranschlüsse.

Entscheidend wird auch sein, ob es gelingt, die Großmärkte an den Rändern der Städte wieder zu fördern. In den zunehmenden Verkehrsinfarkten der Megastädte müssen Zwischenlager die Transportlogistik von den Feldern zu den Märkten verkürzen. Der Erhalt der Stadtteilmärkte ist ein wichtiges Gebot zur Durchsetzung von Ernährungssouveränität,  nicht nur für die ärmste Bevölkerung der Stadt.

Material zum Mitnehmen

Stadt, Land, Essen - Wer ernährt in Zukunft die Städte?

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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