Was steckt hinter dem Hype um Urban Gardening?
Urban Gardening findet in den Metropolen des Nordens derzeit immer mehr Anhänger. Menschen, die sich als Teil einer grünen Bewegung sehen, legen auf städtischen Flächen, beispielsweise auf Dächern oder auf Brachflächen, Nutzgärten an. Doch Urban Gardening oder Urban Farming ist keine Erfindung des Nordens. In Gegenden großer Armut im globalen Süden ist urbane Landwirtschaft Teil einer Ernährungsstrategie.
Kein neues Phänomen
In Afrika engagieren sich schätzungsweise 130 Millionen Stadtbewohner und Stadtbewohnerinnen, in Lateinamerika 230 Millionen in urbaner Landwirtschaft. Sie bauen Früchte und Gemüse an und halten Tiere zur Selbstversorgung. Weit verbreitet ist städtische Hühnerhaltung, aber auch Ziegen und Kühe werden für die Selbstversorgung gehalten oder zum Teil verkauft. Orte der Tierhaltung sind neben Höfen in der Nähe der Wohngebäude zum Beispiel auch öffentliche ungenutzte Flächen. Insgesamt halten 800 Millionen Stadtbewohnerinnen und Stadbewohner Nutztiere, sagt die Welternährungsorganisation FAO. Ein Viertel der Menschen, die urbane Landwirtschaft betreiben, bietet ihre geernten Erzeugnisse auf Märkten an.
Haben Stadtgärten das Potential für die Ernährung einer wachsenden Zahl zukünftiger Stadtbewohner undStadtbewohnerinnen? Eine herausragende Rolle spielt urbane Landwirtschaft bei systemischen Krisen oder Kriegen, wenn die Versorgung der Städte aus dem ländlichenRaum zusammenbricht oder abgeschnitten wird.
Agrarökologische Revolution in Havanna
Eines der bekanntesten Beispiele für urbane Landwirtschaft ist Kuba. Dem Zusammenbruch des Ostblocks Anfang der neunziger Jahre fiel auch die landwirtschaftliche Arbeitsteilung unter den den sozialistischen Staaten zum Opfer; die Lebensmittel-, Waren- und Ölimporte aus den Sowjetstaaten, von denen das Land hochgradig abhängig war, fielen mit deren Zusammenbruch schlagartig weg. Das bisherige System der Lebensmittelversorgung funktionierte nicht mehr. In Kuba verschlechterte sich die Ernährungslage insbesondere der Menschen in den Städten drastisch. Aus der Not heraus begannen sie, auf nicht genutzten Freiflächen Gärten anzulegen und Nahrungsmittel anzupflanzen. So steigerten sie innerhalb kürzester Zeit den Anteil der Lebensmittel, die in der Stadt erzeugt wurden - insbesondere in Havanna.
Schon Mitte der 1990er Jahre wuchs die Zahl der Gartenparzellen in Havanna auf fast 30.000. Heute wachsen dank der „Revolución verde“ allein in Havanna mehr als zwei Drittel des verzehrten Obsts und Gemüses innerhalb der Stadtgrenzen. Die kubanische Regierung hat das durch die großzügige Vergabe von Freiflächen an Produzenten gefördert. Viele Produzenten produzieren ökologisch. Sie verwenden nur wenig Dünger und Pestizide, pflanzen auf sehr kleinen Flächen und passen ihren Tierbestand der meist kleinen Nutzfläche an. Insgesamt werden gut 35.000 Hektar Land in Havanna für urbane Landwirtschaft genutzt. Die Erfolge des kubanischen urbanen Anbaus haben weltweit viele Menschen inspiriert, beispielsweise auch die Gründer der Prinzessinnengärten in Berlin Kreuzberg.
Ernährungsräte
Es ist sicher auch ein Ergebnis der basisdemokratischen Urban Gardening-Bewegung in Berlin, dass hier einer der ersten Ernährungsräte Deutschlands entstanden ist. Ziel ist, sich in der direkten Stadtumgebung mit den ländlichen Produzenten auszutauschen. So soll ein besserer Interessensausgleich erreicht und die Produzenten auf dem Land gestärkt werden. Wie erfolgreich dieser Dialog sein kann, zeigt das Beispiel Brasilien eindrücklich: Hier hat der nationale Ernährungsrat CONSEA (Conselho Nacional de Segurança Alimentar e Nutricional), zu dem Vertreter von Regierungsbehörden und verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen gehören, dazu beigetragen, das Ernährungssystem zu demokratisieren, Hunger und Mangelernährung einzudämmen und gleichzeitig die Interessen der Bevölkerung in den Städten und auf dem Land in Einklang zu bringen.
Weltweit gibt es viele unterschiedliche Beispiele für urbane Landwirtschaft. Dabei greifen die städtischen Erzeuger häufig auf traditionelle landwirtschaftliche Produktionsweisen zurück. Zum Teil stellen sie die Vielfalt der ländlichen Biodiversität in den Vordergrund, um die Monotonie der Städte und der dortigen Ernährungsgewohnheiten zu durchbrechen. Oder sie bauen neue Beziehungen zwischen Produzenten und Konsumenten auf. So kann das Verständnis zwischen Stadt- und Landbewohnern füreinander wachsen und Nahrung vielfältiger erzeugt und gegessen werden.
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